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Wer muss für inklusive Schulen zahlen? Verwaltungsgericht ruft den niedersächsischen Staatsgerichtshof an

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HANNOVER. Eigentlich ist die Sache klar. “Wer bestellt, bezahlt” – so lässt sich das seit 2006 geltende Gebot aus Art. 57 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung kurz und treffend umschreiben. Die Vorschrift gibt vor, dass das Land den Kommunen erhebliche und notwendige Kosten zu erstatten hat, die durch die Übertragung neuer Aufgaben oder die Veränderung bestehender Aufgaben verursacht werden. Doch die Region Hannover hat für bestimmte, neue notwendige Ausgaben bislang kein Geld vom Land Niedersachsen bekommen und klagt nun vor dem Verwaltungsgericht Hannover. Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts hat jetzt das Verfahren ausgesetzt und dem Staatsgerichtshof vorgelegt.

Hintergrund: Ab dem Schuljahr 2013/2014 hat das Land inklusive Schulen verpflichtend eingeführt. Allen Schülern muss ein barrierefreier und gleichberechtigter Zugang ermöglicht werden, damit auch denjenigen, die vor der Rechtsänderung wegen eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs an einer Förderschule unterrichtet wurden. Um diese Vorgaben umzusetzen, müssen die Kommunen als Schulträger tief in die Tasche greifen. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Konnexitätsgebot in Art 57 Nds. Verfassung wurde 2015 eine gesetzliche Regelung zu finanziellen Ausgleichsleistungen. Erlassen. Diese sieht u. a. eine jährliche Sachkostenpauschale für die Schulträger vor, die nach dem Verhältnis der Schülerzahl im Primarbereich I und im Sekundarbereich I beim jeweiligen Schulträger zur entsprechenden Gesamtschülerzahl in ganz Niedersachsen verteilt wird. Das Verwaltungsgericht in einer Pressemitteilung: „Bei der Verteilung der Pauschale spielen die Schülerzahlen im Sekundarbereich II mithin keine Rolle, obwohl inklusiv beschulte Schülerinnen und Schüler ab dem Schuljahr 2018/2019 im Sekundarbereich II “ankamen” – nämlich im Schuljahr 2018/2019 nach insgesamt neun Schuljahren in den berufsbildenden Schulen und im Schuljahr 2019/2020 nach insgesamt zehn Schuljahren im sonstigen Sekundarbereich II, also etwa an Gymnasien.“

Die Hannover unterhält nur berufsbildenden Schulen sowie das Abendgymnasiums Hannover und das Hannover-Kollegs. Sie ist damit ausschließlich Schulträgerin im Sekundarbereich II. Bei der Verteilung der Sachkostenpauschale hat die Regien deshalb keine Leistungen des Landes erhalten, obwohl sie hier auch inklusive Schulen anbieten muss. Das beklagte Land winkte bei der Fordeurng nach mehr Geld ab. Es  ist der Auffassung, so das Verwaltungsgericht, „dass sich für die Klägerin durch die Einführung der inklusiven Schule rechtlich nichts verändert habe, weil Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich II schon vor der Rechtsänderung allgemeine – den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention genügende – inklusive Schulen hätten besuchen müssen, denn es sei im Sekundarbereich II kein Förderschulsystem vorgehalten worden und eine bestehende Behinderung hätte einem Aufnahmeanspruch an einer Schule nicht entgegengehalten werden dürfen.“

Dies sieht jedoch die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover anders. „Das Argument, dass Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf auch schon vor 2012 einen Anspruch auf Aufnahme in Schulen des Sekundarbereichs II gehabt hätten, lässt außer Acht, dass es einen Unterschied macht, ob ein Schüler einen Aufnahmeanspruch hat, nicht abgewiesen werden darf und sich gegebenenfalls mit dem vorgefundenen räumlichen und sächlichen Standard zufriedengeben muss, der sich aus § 108 Abs. 1 Satz 1 NSchG (= Niedersächsisches Schulgesetz) ohne flankierendes Inklusionsgebot ergab, oder ob der Schüler eine Schule vorfindet, die hinsichtlich der Ausstattung dem 2012 normierten Inklusionsgebot aus § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 108 Abs. 1 Satz 1 NSchG von vornherein genügt.“

Das Verwaltungsgericht kann jedoch der klagenden Region Hannover nicht verpflichtend die begehrten Ausgleichsleistungen zusprechen, da, wie es in einer weiteren Pressemitteilung des Gerichts heißt, „da der Ausgleich “durch Gesetz” zu erfolgen hat.“ Auch die Feststellung, dass die gesetzliche Finanzierungsregel nicht dem Konnexitätsgebot genügt und daher verfassungswidrig ist, kann die Kammer nicht unmittelbar selbst treffen, eine solche Entscheidung ist vielmehr dem Staatsgerichtshof vorbehalten. In der mündlichen Verhandlung vom 30. Oktober hat deshalb die 1. Kammer das Klageverfahren ausgesetzt und beschlossen, die verfassungsrechtliche Frage dem Staatsgerichtshof vorzulegen (Az.: 1 A 4916/22).

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