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Bundeskanzler Scholz äussert sich zu Protesten der Landwirtschaft

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Kanzler kompakt: Politik und Protest in Deutschland

Im Rahmen der Mitteilungen der Bundesregierung Kanzler kompakt äussert sich Bundeskanzler Olaf Scholz wie folgt zu den aktuellen Protesten der Landwirtschaft in Deutschland:

Das neue Jahr geht laut los: Traktoren blockieren Innenstädte, Durchgangsstraßen und Autobahnauffahrten. Es gibt Hupkonzerte, Sternfahrten und große Kundgebungen. 

Bei Vielen hat das den Alltag durcheinandergebracht. Auch hier in Berlin und bei mir zuhause in Potsdam waren viele Bauern und Bäuerinnen auf den Straßen.

Eines möchte ich gleich voranstellen: Die Landwirtschaft ist wichtig für uns alle. Und Landwirte und ihre Familien müssen von ihrer harten Arbeit auch gut leben können.

Wir – die Regierung, die Abgeordneten im Bundestag, selbstverständlich auch ich – stehen mit den Landwirten und ihren Vertreterinnen und Vertretern im engen Austausch. 

Das muss auch so sein. 

Doch geht es bei all den aktuellen Protesten wirklich allein um den Agrar-Diesel oder den Abbau von Subventionen? Ich denke, Krisen und Konflikte sorgen insgesamt für Verunsicherung. Viele treibt die Sorge um: Was kommt als Nächstes – was bringt die Zukunft für mich? All das sorgt dafür, dass einige das auch laut zum Ausdruck bringen.

Wichtig ist mir deshalb, einmal ganz deutlich zu machen: Streit gehört zur Demokratie. Und zwar genauso wie es Helmut Schmidt gesagt hat: „Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine.“ Punkt. 

Nun weiß ich – auch aus der persönlichen Erfahrung der letzten Monate: Streit kann mürbe machen und Unsicherheit schüren. Auch innerhalb der Regierung lief es nicht immer so, wie ich es für richtig halte. Da müssen wir in diesem Jahr besser werden.  

Was neben Streit genauso zur Demokratie gehört – das ist der Kompromiss. „Die Demokratie lebt vom Kompromiss. Wer keine Kompromisse machen kann, ist für die Demokratie nicht zu gebrauchen.“ Auch das hat Helmut Schmidt gesagt. 

Er lag damit richtig. — Doch: Fast 50 Jahre später stehen wir vor einer Bewährungsprobe. Wut wird gezielt geschürt: Mit gigantischen Reichweiten machen Extremisten auch über die sozialen Medien jeden Kompromiss verächtlich, vergiften jede demokratische Debatte. Das ist ein toxisches Gemisch, das uns Sorgen bereiten muss, das auch mich sehr beschäftigt. 

Was also können wir tun in dieser Lage? Wie lauten unsere Antworten – auf die Bauernproteste und auf die allgemeine Situation?

Wir haben uns die Argumente der Landwirte zu Herzen genommen. Und haben unseren ersten Vorschlag noch einmal überarbeitet. Ein guter Kompromiss. 

Außerdem geht es darum, was wir noch tun können, damit die Landwirtschaft eine gute Zukunft hat. Auch darüber sprechen wir miteinander. Auch dazu suchen wir gemeinsam Lösungen. 

Es geht ja auch um faire Preise, um die Macht des Lebensmittelhandels, um Bodenspekulationen und um die Folgen des Klimawandels. 

Denn das ist mir wichtig: Wenn jede Subvention auf ewig bestehen bleibt, wenn wir alle zu 100 Prozent auf unserem Standpunkt beharren, wenn wir alles so machen wie immer – dann kommen wir auch nicht voran. 

Und: Es ist wichtig, dass wir das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Gerade in so aufreibenden und aufwühlenden Zeiten wie heute gilt es: Maß und Mitte zu halten – das sollte allen Demokratinnen und Demokraten ein Anliegen sein. 

Aufrufe zu Gewalt und persönliche Bedrohungen haben in unserer Demokratie nichts verloren: Galgen sind keine Argumente. Politische Gegner sind keine „Vollpfosten“. Das gilt im virtuellen Raum – genauso wie auf den Straßen, in den Städten und auf dem Land.

Deshalb bin ich dem Präsidenten des Bauernverbandes, Joachim Rukwied, dankbar, dass er sich klar distanziert hat: von Extremisten und manchen Trittbrettfahrern, die zum „Aufstand“ blasen und vom „Umsturz des Systems“ schwadronieren. Das ist nicht nur Unsinn. Das ist gefährlich. 

Wenn an sich legitime Proteste umkippen – und zwar pauschal in Wut oder Missachtung für demokratische Prozesse und Institutionen, dann verlieren wir alle. Profitieren werden dann nur diejenigen, die unsere Demokratie verachten. 

Im Mai feiert das Grundgesetz seinen 75. Geburtstag. Eine Lehre aus diesen 75 Jahren ist: Unser Grundgesetz lebt davon, dass wir es mit Leben füllen. Da kann es – wie gesagt – auch mal laut werden. Das gehört dazu, solange wir als Demokratinnen und Demokraten miteinander um den besten Weg ringen. 

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