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Der Einfluss des Klimawandels auf den Jetstream


Nach Dürresommern oder Flutkatastrophen – ist ein schwächer werdender Jetstream die Ursache?

BONN.

Die These, dass der Jetstream aufgrund des Klimawandels schwächer wird und damit zu Extremwetterereignissen wie Dürresommern oder Flutkatastrophen beiträgt, ist umstritten. Es gibt zahlreiche Zweifel an dieser Darstellung.

Die wissenschaftliche Gemeinschaft ist sich mittlerweile einig, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Wie sich der Klimawandel jedoch im Detail auf verschiedene Phänomene auswirkt, ist noch immer umstritten. Der Polarjetstream, ein Starkwindband in etwa 10 Kilometern Höhe, das unser Wetter maßgeblich beeinflusst, steht dabei im Fokus der Untersuchungen. Nach aktuellem Kenntnisstand ist die Annahme einer Schwächung des Jetstreams alles andere als sicher.

„Veränderungen in der atmosphärischen Zirkulation wie beim Jetstream sind aufgrund der natürlichen Variabilität schwer nachzuweisen“, erklärt Professor Volkmar Wirth, Atmosphärenphysiker an der Universität Mainz. Zudem liegen erst seit den späten 1970er Jahren Satellitendaten vor, die eine mögliche Veränderung der Jetstream-Stärke belegen könnten. Seitdem gibt es Studien, die für eine Veränderung sprechen, aber auch solche, die dagegen sprechen.

Welche Auswirkungen könnte der Klimawandel auf den Jetstream haben?

Es gibt Möglichkeiten, wie der Klimawandel den Jetstream beeinflussen könnte. Es ist jedoch unsicher, ob der Klimawandel tatsächlich in der beschriebenen Weise wirkt. Ein wichtiger Faktor wäre die sogenannte „Arktische Verstärkung“. Durch das Abschmelzen des Eises und eine positive Rückkopplung erwärmt sich die Arktis schneller als die Äquatorregion. Dadurch nimmt der Temperaturunterschied zwischen Arktis und Äquator in der unteren Atmosphäre ab. Dieser Temperaturunterschied treibt die atmosphärische Zirkulation an.

Insbesondere in den 2010er Jahren wurden wissenschaftliche Veröffentlichungen, wie die von Jennifer A. Francis und Stephen J. Vavrus im Jahr 2012, veröffentlicht, die auf eine Abnahme der Jetstream-Geschwindigkeit aufgrund der Arktischen Verstärkung hinwiesen. Als Folge dieser Abschwächung wurden zwei Hypothesen aufgestellt:

  1. Die Wellenberge und -täler des Jetstreams bewegen sich bei einem schwächeren Jet langsamer um die Erde.
  2. Die Wellenberge und -täler des Jetstreams mäandrieren bei einem schwächeren Jet stärker, was zu mehr und größeren Wellen in kürzeren Abständen führt.

Beide Szenarien hätten Auswirkungen auf unser Wetter, da der Jetstream Hoch- und Tiefdruckgebiete wie eine Autobahn lenkt.

Wenn sich die Wellenberge langsamer bewegen, verlagern sich auch die Hoch- und Tiefdruckgebiete langsamer, was zu blockierenden Wetterlagen führen könnte. Ein stärker mäandrierender Jetstream begünstigt einerseits die Ausdehnung von Hochdruckgebieten und warmer Luft in den Wellenbergen nach Norden und andererseits den verstärkten Einfluss von Tiefs und kalter Luft in den Wellentälern nach Süden.

Zweifel an der Theorie der Schwächung

Viele Wissenschaftler zweifeln jedoch an einer Schwächung des Jets durch die Arktische Verstärkung. Zwar geht man weiterhin von einem Temperaturrückgang zwischen Arktis und Äquator in Höhen bis etwa 5000 Metern aus, aber in Höhen darüber nimmt der Temperaturunterschied sogar zu. Dies wird beispielsweise auch im aktuellen Bericht des Weltklimarates (IPCC) betont. Der Grund dafür liegt darin, dass die wärmere Luft am Äquator aufgrund des Klimawandels mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Feuchtere Luft kühlt beim Aufsteigen langsamer ab als trockene Luft, was zu wärmeren Temperaturen in großen Höhen führt.

Es stellt sich die Frage, ob der abnehmende Temperaturunterschied in der unteren Atmosphäre oder die Zunahme des Temperaturunterschieds in größeren Höhen einen größeren Einfluss auf den Jetstream hat. Abgesehen davon gibt es noch viele andere Effekte, die den Jetstream beeinflussen. Es besteht auch Uneinigkeit darüber, ob ein schwächerer Jetstream tatsächlich stärker mäandriert. Selbst die Autoren der Studie aus dem Jahr 2012 betrachten ihre ursprüngliche Annahme inzwischen kritischer, wie aus einer Veröffentlichung von 2017 hervorgeht.

Die Klimamodelle

Um die komplexen Zusammenhänge in der Atmosphäre zu simulieren, werden Klimamodelle herangezogen. Sie können am besten die komplexen Zusammenhänge in der Atmosphäre abbilden, sind aber dennoch nicht eindeutig. Der Klimaforscher Ted Shepherd von der University of Reading betont: „Es gibt immer noch erhebliche Unsicherheiten darüber, wie der Jetstream auf den Klimawandel reagieren wird“. Kurz gesagt, auch die Klimamodelle haben große Unsicherheiten. Dies wird auch im Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates betont.

Am wahrscheinlichsten ist eine Verschiebung des Jetstreams in Richtung der Pole. Diese ist je nach Jahreszeit in der Vergangenheit laut IPCC nachweisbar und wird auch in den Klimamodellen gesehen. Auch dies hätte weitreichende Folgen, da Tiefdruckgebiete nordwärts gelenkt werden.

Weitere Forschung notwendig

Einen wissenschaftlichen Konsens über das zukünftige Verhalten des Jetstreams gibt es demnach aktuell nicht. Dies ist jedoch im wissenschaftlichen Prozess nicht ungewöhnlich. Die Zusammenhänge zwischen atmosphärischer Zirkulation und dem Klimawandel sind sehr komplex und bedürfen weiterer Forschung. Der menschengemachte Klimawandel als solcher ist hingegen wissenschaftlich klar belegt.

Veröffentlichung von Francis und Vavrus, 2012:

https://citeseerx.ist.psu.edu/document?repid=rep1&type=pdf&doi=323b502f4341085045a22adc1bc8f24ae25c1640

Veröffentlichung von Francis et al., 2017:

https://wires.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/wcc.474?saml_referrer

Sechster Sachstandsbericht des Weltklimarats, 2023:

https://www.ipcc.ch/assessment-report/ar6/
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